Ein Entwurf von Jan-Hendrik Bock, Gabriele Hausmann, Milan Pribnow, Raul Stubbe
Unsere Sinne sind die Botschafter zwischen der Umwelt und unserem Gehirn. Oft erinnern wir uns an Orte besonders auf Grund unserer sinnlichen Wahrnehmung: den Geruch der Blätter im Wald, ihr Rascheln im Wind, das Meeresrauschen, den Geschmack der salzigen Luft, das Gefühl der Sonne auf der Haut oder des Sandes zwischen den Zehen.
Eine ähnliche Sinneswahrnehmung bringt uns häufig gedanklich an die in der Vergangenheit von uns besuchten Orte zurück, auch wenn seit dem Erlebnis bereits viele Jahre vergangen sind.
Die Idee hinter unserem Entwurf besteht darin, die sinnliche Erfahrbarkeit des NSG Wittenbergener Heide zu schärfen und die natürliche Wahrnehmbarkeit der Wildnis für die Besucher erlebbar zu machen, dabei aber gleichzeitig die Natur als Lebensraum zu schützen und die Bedürfnisse der Tier- und Pflanzenvorkommen als Inspiration für unseren Entwurf aufzunehmen.
Ziel des Entwurfs ist es, die Wahrnehmung zu schärfen und das bereits Vorhandene fühl- und erlebbarer zu machen und den Besuchern über die Wahrnehmungsebene neue Zugänge zur Natur zu ermöglichen.
Unsere Interventionen zielen auf das Erlebbarmachen der verschiedenen Teilräume innerhalb des NSG Wittenbergener Heide ab. Dabei waren die unterschiedlichen Tier- und Pflanzenvorkommen sowie die Bedürfnisse der Wald-, Heide-, Geest-, Wiesen- und Strandbewohner Ausgangspunkt für unsere Überlegungen und Eingriffe. Von zentraler Bedeutung ist zudem die Nutzung und Weiterverwendung natürlich vorkommender Materialien. Hinter allen Interventionen steckt der Gedanke, die Erfahrbar- und Zugänglichkeit der Natur für die Menschen im Einklang mit dem Schutz des Habitats der ansässigen Tier- und Pflanzenwelt zu entwickeln.
Totholz
Totholz ist Leben pur, Leben in überschäumender Fülle. Hier tummeln sich 1500 Pilzarten, 1400 Käferarten, über 500 Fliegen- und Mückenarten, 30 Ameisenarten, solitäre Wildbienen und Wespen, Moose, Flechten und zahllose weitere Arten. Dem aufmerksamen Betrachter werden die tosende Sinfonie sowie der zu beobachtende Zersetzungsprozess der Totholzformationen nicht entgehen. Durch die Weiterverwendung des anfallenden Holzes lassen sich auch Hänge sichern und Wege sperren.Funktionsebene:
- Materialtransformation
- Leiten und Lenken
- Hangsicherung
- animal aided design
Naturebene (animal-aided-design):
- Weiterverwendung anfallender Biomasse
- Lebensraum, Schlafplatz, Rückzugsort, Versteck, Brutstätte, Winterquartier (Igel, Spechte, Meisen, Fledermäuse, Marder, Eichhörnchen, Wildbiene, Wespen, Schlangen, …)
- Nahrungsbiotop / Nährstofflager (Rinde, Holz) für Würmer, Fliegen- und Mückenlarven, Baumschwämme, Pilze, Schnecken, Käfer, Igel, …
- Singwarte, Trommelplatz (Spechte)
Wahrnehmungsebene (design-for-the-senses):
- Hören („tosende Sinfonie“)
- Riechen (Zersetzung)
Wiesenwalk
Balanceakt. Eine sensible Fläche öffnen um ihre Schönheit preiszugeben und die Ausbreitung der Samen der seltenen Schachblume zu fördern, bei gleichzeitigem Schutz vor ungewolltem Nährstoffeintrag – ein „Laufsteg“ über die Feuchtweise macht es möglich und eröffnet dem Besucher die Wahrnehmbarkeit der Pflanzen- und Insektenvielfalt – inklusive duftender Blüten und summender Bienen.Funktionsebene:
- Zugänglichkeit + Sichtbarkeit sensibler Flächen
- Vermeidung von ungewolltem Nährstoffeintrag
Naturebene (animal-aided-design):
- Insektenvielfalt (Bienen, Schmetterlinge, Käfer)
- Nahrungsbiotop: Pollen, Nektar
- Samenausbreitung (Hemerochorie)
Wahrnehmungsebene (design-for-the-senses):
- Sichtbarkeit
- Geruch (Blüten, Pollen)
- Hören (Hummeln)
- Fühlen (Beine baumeln lassen, durchwachsende Pflanzen)
Steinmauern
Auf der Mauer, auf der Lauer. Trockenmauern, die mit aus der Umgebung stammenden Feldsteinen aufgeschichtet werden, bieten besonders Insekten und wärmeliebenden Arten, wie Kriechtieren und Schlangen, einen (Über)Lebensraum und dienen als Rückzugsort, Brutstätte und Überwinterungsquartier. Sie eigenen sich für Orte, wo keine zusätzlichen Nährstoffe eingetragen werden sollen.Funktionsebene:
- ursprüngliche Materialität (statt Fremdkörper)
- animal aided design
- Leiten und Lenken
Naturebene (animal-aided-design):
- Rückzugsort, Brutstätte, Überwinterungsquartier, Versteck, Schutz (Insekten, Käfer, Wanzen, Spinnen, Echsen, Molche, Mäuse, Kröten, Igel, Vögel, …)
- Nahrungsbiotop (Käfer /Würmer für Echsen /Vögel /Nager, …)
Wahrnehmungsebene (design-for-the-senses):
- Sichtbarkeit
- Hören (Geraschel der Echsen) und Fühlen (warme Steine)